Marktzutritt für Finanzdienstleister ermöglichen
Wortmeldung in der Ständeratsdebatte vom 6. März 2013
Gerade weil ich denke, dass sich das Umfeld in letzter Zeit stark geändert hat, möchte ich Sie doch bitten, sich zu überlegen, diese Motion anzunehmen. Und ich möchte mit meiner kurzen Intervention die Bundespräsidentin auch bitten, vielleicht zusätzlich zu den Berichten in der Kommission doch noch dieses und jenes zu sagen, auch zur Aktualität. Vorerst zum Finanzplatz: Da muss ich natürlich nicht sehr lange sprechen. Sie wissen, dass wir über einen der bedeutendsten Finanzplätze weltweit verfügen und dass deshalb die Frage, wie die Zukunft der Finanzdienstleistungen bei unserem grössten Partner, der EU, gestaltet wird, eine ganz entscheidende ist. Wir sind auf offene Märke angewiesen, aber wir bewegen uns in einem Umfeld, das zunehmend protektionistische Züge annimmt und das für einen umfassenden Marktzutritt eher schlechter wird, als das 2009, als diese Motion im Nationalrat formuliert wurde, noch der Fall war. Sie wissen vielleicht auch, dass unser jetziger Marktzutritt auf ein Versicherungsabkommen von 1989 abgestützt ist, das schon längstens, darüber sind sich alle einig, einer Überarbeitung bedurft hätte. Die durch die Schuldenkrise ausgelösten Regulierungsvorhaben, gerade in der EU, stellen auch die Schweizer Finanzinstitute, Banken, aber auch Versicherungen, vor grosse Herausforderungen. Sie haben sicher das Kennwort „Mifid“ schon gehört. Mifid unterliegt in der EU einer Revision, und damit drohen ganz klar protektionistische Drittlandregeln, die es Drittländern wie der Schweiz, bzw. ihren Finanzinstituten, schlicht verbieten würden, ohne Tochtergesellschaften in einem EU-Staat Produkte und Dienstleistungen direkt an Retailkunden zu vertreiben. Das würde bedeuten, dass viele Banken aus der Schweiz das Geschäft mit Kunden aus der EU nicht mehr betreiben könnten; dieses Geschäft würde verunmöglicht. Die Frage der Sicherstellung des Marktzuganges ist also wirklich zentral. Deshalb erlaube ich mir, hier zu intervenieren. Ich möchte verhindern, dass die Ablehnung dieser Motion dahingehend interpretiert wird, dass diese Frage eine Posteriorität wäre. Sie muss nach wie vor, trotz der Komplexität der Themen, eine Priorität für den Bundesrat und für uns alle sein. Wir brauchen ein solches Finanzdienstleistungsabkommen, damit die hiesigen Finanzdienstleister dieses sogenannte Cross-Border-Geschäft weiterbetreiben können. Natürlich ist mir klar, dass die Motion vielleicht etwas selektiv nur Verhandlungen in diesem Bereich fordert. Natürlich müssen solche Verhandlungen in die Gesamtstrategie der EU gegenüber eingebunden sein. Man hört ja vom neuen Aussenminister auch, dass hier neue Akzente gesetzt werden sollen. Ich glaube, deshalb wäre es wirklich eine Überlegung wert, ob im Rahmen dieser neuen Akzente der EU gegenüber das Thema Finanzdienstleistungsabkommen nicht allenfalls wieder aufgegriffen werden sollte. Darf ich schliesslich noch darauf hinweisen – Kollege Graber hat es angesprochen, er hat von „neuen Fakten“ gesprochen -, dass sich das Umfeld massiv verändert, teilweise verschlechtert hat, was unterstreicht, dass dieses Anliegen nach wie vor eine Priorität sein sollte. Ich nenne einige Stichworte: Das erste Thema betrifft ganz sicher die Entwicklungen mit den USA. Sie alle haben festgestellt, welche Probleme sich hier ergeben haben. Natürlich ist die gestrige Zustimmung des Nationalrates zu unserer Formulierung beim Doppelbesteuerungsabkommen ein wichtiger nächster Schritt. Allerdings sind wir auch hier von einer Gesamtlösung noch weit entfernt, auf diesem Feld wird also noch einiges zu tun sein. Es ist heute nicht ganz klar, wie gross das Interesse der USA an einer Gesamtlösung für alle Schweizer Banken wirklich ist, auch wenn wir hier weiter hoffen können. Auch das Tempo scheint ja nicht unbedingt sehr schnell zu sein, wenn man beispielsweise bedenkt, dass der amerikanische Senat das Doppelbesteuerungsabkommen noch nicht gutgeheissen hat. An der USA-Front kommen wir also vorwärts, aber die grossen Brocken für den Finanzplatz sind sicher noch nicht alle beiseitegeschafft. Dann zur EU selber: Wenn Sie heute die Zeitungen lesen, erfahren Sie, dass sich hier einiges tut. So hat sich jetzt erstmals der Steuerkommissar zu den intendierten Abkommen mit Berlin und London geäussert. Ich entnehme dieser Äusserung Folgendes, ohne jetzt auf das ganze, komplexe Geschäft einzutreten: Der Steuerkommissar hält beispielsweise fest, dass eine breitere Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und gewissen zentralen Märkten – in diesem Fall Berlin und London, weil wir hier jetzt eben schon Verträge erarbeitet haben – auch Regeln für den Marktzutritt der Finanzdienstleister beinhaltet. Der Steuerkommissar hat aber festgehalten, dass das nur so weit gehen darf, dass nicht generelle Bereiche der EU berührt werden, die eine Gesamtharmonisierung verlangen. Zudem – vielleicht hat man das noch nicht wahrgenommen – gibt es einige neue, schwarze Wolken am Himmel: Ich meine damit die Steuersätze, von denen der Kommissar ausgeht, die deutlich über dem liegen, was die Schweiz und Deutschland jetzt vereinbart haben. Angesichts dessen kann man sich fragen, ob ein solches Abkommen überhaupt je zustande kommen wird. Auch hier sehe ich also nicht unbedingt Morgenlicht für eine verbesserte Zusammenarbeit nur schon im Bereich der Finanzdienstleistungen, welche in den Verträgen mit London und Berlin eigentlich vorgesehen ist, die aber doch wohl noch unter einer ganzen Reihe von Hypotheken zu sehen ist. Ich will nicht zu lange sprechen. Aber die Priorität des Finanzplatzes, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung unseres neuen zukunftstauglichen Businessmodells, wenn Sie so wollen, nämlich der Weissgeldstrategie, die Schwierigkeiten mit den USA und den noch nicht weggeräumten Problemen, die allenfalls neuen Probleme mit der EU in diesem Bereich, sogar bezüglich der beiden zentralen Märkte, London und Berlin, wo wir weiterzukommen hofften – all dies deutet darauf hin, dass wir gut daran tun, diese Motion anzunehmen und damit eben das Signal zu setzen, dass für uns die Frage eines Finanzdienstleistungsabkommens absolut prioritär und zentral bleibt. Ich unterstreiche noch einmal, dass dies – das ist mir zumindest klar, auch wenn die Motion das nicht deutlich sagt – in eine Gesamtstrategie eingebunden sein muss. Unter Würdigung all dieser neuen Entwicklungen bitte ich Sie, dieser Motion eben doch zuzustimmen.